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Pressemitteilung - [ 07.06.2005 ]


Einbahnstraße oder Gegenverkehr – Wie sich Enzyme den Verhältnissen in der Zelle anpassen
Cytochrom P450-Enzyme reagieren flexibel auf die Anforderungen ihrer Umgebung, vermuten Wissenschaftler der EML Research, Heidelberg – Erkenntnisse für die Medikamentenentwicklung – Artikel in „EMBO Reports“

Wer neue Medikamente entwickeln will, muss möglichst genau wissen, wie die verschiedenen Substanzen abgebaut werden und wie der Körper sich selbst entgiftet. Die Cytochrom P450-Enzyme sind molekulare Maschinen, die bei Bakterien, Pflanzen und Tieren Reaktionen von vielen verschiedenen chemischen Substanzen katalysieren. Im menschlichen Körper bauen sie bis zu 80 Prozent aller eingenommenen Medikamente ab. Diese Enzyme spielen eine Schlüsselrolle beim Abbau von Giftstoffen oder bei der Produktion wichtiger Moleküle, wie zum Beispiel der Sexualhormone Progesteron und Testosteron. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie die Cytochrom P450-Enzyme funktionieren.

Neue Erkenntnisse über die Funktionsweise dieser Proteinfamilie gewannen jetzt Forscher am Heidelberger Forschungsinstitut EML Research. Sie simulierten im Computer die Wechselwirkungen eines Cytochroms P450, wie es bei Säugetieren vorkommt, mit chemischen Substanzen wie Progesteron. Dabei interessierten sich die Wissenschaftler vor allem dafür, wie diese Substanzen ihren Weg in das Zentrum des Enzyms und wieder hinausfinden. Denn der aktive Teil der Cytochrom P450-Enzyme liegt in deren Zentrum verborgen. Für das Verständnis der Funktion ist es deshalb von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie der chemische Zugang in das Zentrum vor sich geht.
Durch die neuen Simulationen wurde ein neuer Kanal entdeckt, der Unterschiede zu den bisher bekannten Zugangswegen bei bakteriellen Cytochrom P450-Enzymen aufweist. Dennoch vermuten die Wissenschaftler, dass das Säugetier-Enzym den neu gefundenen Kanal ebenso nutzt wie den Kanal, den man bei Bakterien kennt – abhängig von seiner Zellumgebung und von der chemischen Verbindung, die in das Enzym eintritt. 

Die Forscher der EML Research stellen die These von zwei Mechanismen in dem untersuchten Cytochrom P450-Enzym auf:
Erstens ist eine Art „Einbahnstraße“ denkbar, durch die fettlösliche (lipophile) Substrate von der Membran aus über den von Bakterien bekannten Kanal das Enzym ansteuern. Produkte verlassen das aktive Zentrum demzufolge über den neu entdeckten Kanal direkt in die Zelllösung.
Zweitens kommt nach Ansicht der Forscher eine „zweispurige Strecke mit Gegenverkehr“ für lösliche Verbindungen auschließlich über den neuen Kanal in Frage. 
Die vermuteten Unterschiede in der Wegstrecke bei Substrat-Eingang und Produkt-Ausgang zwischen membrangebundenen P450s und löslichen, nicht-membrangebundenen P450s von Säugetieren und Bakterien kennzeichnen die Anpassungsfähigkeit der P450-Familie an die Anforderungen unterschiedlicher zellulärer Bereiche und unterschiedlicher chemischen Eigenschaften des Substrats.

Der Artikel (mit Videoclips aus den simulierten Sequenzen in der online-Version) ist erschienen in: EMBO Reports, Juni (2005)  6, 6, 584–589. doi:10.1038/sj.embor.7400420.  Karin Schleinkofer, Sudarko, Peter J. Winn, Susanne K. Lüdemann, Rebecca C. Wade: Do mammalian cytochrome P450 show multiple ligand access pathways and ligand channeling?


Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
Dr. Rebecca Wade
Group Leader Molecular and Cellular Modeling
EML Research gGmbH
Tel: +49-6221-533-247
Fax: +49-6221-533-298
[email protected]





Die EML Research gGmbH (www.eml-research.de) ist ein privates Forschungsinstitut für Grundlagenforschung in der angewandten Informatik. Ein Hauptschwerpunkt der Forschung liegt in der Bioinformatik. Die Forscher arbeiten eng mit Universitäten zusammen. Die EML Research gGmbH bearbeitet hauptsächlich Forschungsprojekte der Klaus Tschira Stiftung gGmbH (KTS) (www.kts.villa-bosch.de). EML Research ist Partner des ersten deutschen Zentrums für Modellierung und Simulations in den Biowissenschaften (BIOMS), Heidelberg (www.bioms.de).




Dr. Peter Saueressig
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